Eigentlich kann es jeder - genauer gesagt, jeder meint es zu können. Wenn man jedoch Mitarbeiter fragt, ist oft zu hören: "Ich weiß nicht mehr, wann ich das letzte Mal von meinem Chef gelobt wurde."
Dabei ist richtiges Loben nicht nur "preiswert" und erlernbar, sondern auch - wie viele aus eigener Erfahrung wissen - wichtig für das Selbstwertgefühl. Ein "Gut gemacht, weiter so!" mag banal klingen, zeugt aber von Wertschätzung für die geleistete Arbeit und motiviert den Mitarbeiter. Denn fast jeder Mensch ist auf der Suche nach Anerkennung.
Hindernisse - warum Vorgesetzte (zu) selten loben
Ein Grund ist mangelndes Bewusstsein für dessen Bedeutung. Positive wie negative Folgen eines (ausbleibenden) Lobes werden einfach unterschätzt. Obwohl jeder weiß wie gut es sich anfühlt, gelobt zu werden, wird es schlicht vergessen oder für nicht angemessen erachtet nach dem Motto: "Der Mitarbeiter hat doch nur seinen Job gemacht, für den er auch bezahlt wird".
Teilweise zögern Führungskräfte auch, weil sie glauben dem Mitarbeiter schon auf andere Art und Weise verstehen gegeben zu haben, dass er gute Arbeit geleistet hat (z.B. durch die Übertragung von mehr Verantwortung). Das ist aber nicht das gleiche. Ähnlich wie in einer Partnerschaft ist es ab und zu wichtig, dem anderen auch zu sagen was man von ihm hält, selbst wenn er dies u.U. schon weiß.
Manchmal wird befürchtet, der Gelobte werde umgehend Forderungen stellen, z.B. nach einer Gehaltserhöhung (diese kann bei größeren Projekten auch durchaus angebracht sein). Ein solches Motiv zeugt aber eher von einer unterentwickelten Lob-Kultur in einem Unternehmen oder Abteilung.
Es gibt auch Fälle, in denen auf eine Anerkennung verzichtet wird, weil vermieden werden soll, dass sich Mitarbeiter auf einem Lob ausruhen, nachdem sie zuvor überdurchschnittlich viel geleistet haben. Dies ignoriert aber die Tatsache, dass die Sehnsucht nach Anerkennung weit verbreitet ist und jeder, der einmal in ihren Genuss kam, in der Regel nach einer Wiederholung strebt.
Ein weiterer Grund ist andere Mitarbeiter, die gerade nicht gelobt werden, nicht zu demotivieren.
Kein Lob zu verteilen aus Rücksicht auf schwächere oder einfach faulere Mitarbeiter, ist aber keine Lösung, denn andernfalls werden die Leistungsträger früher oder später weiterziehen.
Richtig loben - was ist zu beachten, damit ein Lob wirklich motiviert
Häufigkeit: in der Regel wird viel zu wenig gelobt, obwohl eigentlich jedes bemerkenswerte Ergebnis oder herausragendes Engagement dazu Anlass bietet. Wird auf unterschiedliche Art (durch Gesten, mündlich oder schriftlich) und v.a. einfühlsam gelobt, gibt es daher selten ein "zu viel".
Ausmaß: das Lob muss dem Anlass entsprechen, darf nicht übertrieben, aber auch nicht zu zurückhaltend sein (getreu dem Motto "Nicht geschimpft, ist Lob genug"). Zudem sollte der Anlass möglichst exakt benannt werden, z.B. "Ihre Recherche der Mitkonkurrenten war fundiert und beinhaltete drei neue wesentliche Aspekte".
Zeitpunkt: die Anerkennung folgt idealerweise unmittelbar nach dem Ereignis. Sie kann aber auch Tage und Wochen später erfolgen, falls die Leistung sehr umfangreich und komplex war und/oder das Ergebnis erst später richtig beurteilt werden kann (z.B. bei einer neuen Werbekampagne, deren Wirkung auf die Verkaufszahlen sich erst später zeigt).
Art: im Prinzip ist alles erlaubt. Selbst durch Gesten (z.B. erhobener Daumen) kann ein Vorgesetzter gegenüber dem Mitarbeiter sein Wohlwollen ausdrücken. Üblicher ist sicher eine mündliche Bemerkung, die gerne beiläufig (z.B. während eines Jour Fixe) ausgesprochen wird. Beim formalen Lob greift man auf eine Email oder ein Anerkennungsschreiben zurück oder hinterlässt z.B. eine schriftliche Notiz auf dem Entwurf des Mitarbeiters. Die Anerkennung kann auch materiell erfolgen, z.B. durch Geschenke, Sonderurlaub, Gehaltserhöhung, Sonderzahlung etc. Diese Form der Anerkennung erscheint aber erst bei längerem oder häufigerem Engagement bzw. nachhaltigen Leistungen sinnvoll.
Anerkennung über Dritte: Lob erhält man meist vom eigenen Chef. Positives Feedback von Dritten ("Der Kunden hat ausdrücklich nach Ihnen verlangt" oder "Der Vorstand bat mich, Ihnen auszurichten, dass er mit Ihrer Arbeit sehr zufrieden ist") ist seltener, aber besonders nachhaltig. Hier ist vom Vorgesetzten die Fähigkeit gefragt, Erfolge zu teilen und sich unter keinen Umständen mit „fremden Federn zu schmücken“.
Umfeld: lobt man im Beisein anderer (Kollegen, Vorgesetzte und Kunden) erhöht dies den Wert eines Lobs, erfordert aber auch mehr Vorbereitung. Die genaue Schilderung der Leistung ist wichtig, denn dem Mitarbeiter darf nur das Lob für seine eigene Arbeit zuteil werden und nicht für die der anderen. Waren andere für den Erfolg mitverantwortlich, ist zu überlegen, ob und inwieweit diese ebenfalls erwähnt werden müssen. Geschieht dies nicht, ist das nicht nur unbefriedigend, sondern kann auch als indirekte Kritik von den „Nicht-Gelobten“ empfunden werden.
Adressaten: vor allem die stillen, hilfsbereiten und bescheidenen Mitarbeiter sollten beachtet werden. Sie werden leicht übersehen, da sie selten auf Ihre Leistungen hinweisen. Der Vorteil: Sie wissen es dafür umso mehr zu schätzen, wenn andere dies für sie tun. Eine gute Führungskraft lobt zudem nicht nur Mitarbeiter mit außergewöhnlichen, neuen und revolutionären Ideen, sondern auch diejenigen, die den Alltagsbetrieb der Organisation am Leben erhalten.